Was machen Plattenfirmen? Die Aufgabe der Plattenfirma ist eigentlich leicht: Nämlich Platten verkaufen. Die Plattenfirma presst die Musik eines Künstlers oder einer Musikgruppe auf einen Tonträger, bewirbt dieses Produkt, verkauft dann die Tonträger und gibt dem Künstler etwas von dem erwirtschafteten Geld ab.
Nun gibt es ja bekanntermaßen „Popstars“ – also solche Künstler, die sich bereits einen Namen gemacht haben – also zu einer Marke geworden sind. Bei diesen Künstlern ist es sehr leicht, einen Tonträger zu vermarkten. Deswegen sind diese „Stars“ bei Musikunternehmen auch sehr beliebt.
Da die Plattenfirma nur Geld aus den Plattenverkäufen verdient, kannst Du Dir nun vielleicht vorstellen, warum die Plattenfirmen als Rechteinhaber an den Songaufnahmen (mehr dazu später) sich so sehr gegen die Einführung von MP3 als Ablösung der CD waren: Ein MP3 war und ist- da es eine digitale Computerdatei ist- kinderleicht und kostenlos zu produzieren. Wofür würde ein Künstler dann eigentlich noch die Plattenfirma benötigen? Gute Frage.
musikwissen.com gibt Dir eine kleine Einführung in den Ursprung und die Tätigkeitsbereiche der Plattenfirma.
Inhalte in diesem Artikel
Was machen Plattenfirmen?
Der Erfinder des Grammophons und damit auch der Erfinder der Schallplatte war – man höre und staune- der in Deutschland geborene Emil Berliner. Zwar hatte der US-amerikanische Erfinder Thomas Alva Edison zuvor bereits den Phonographen erfunden. Allerdings waren dessen Wachswalzen, die übrigens auch für Aufzeichnungen geeignet waren, nur schwer reproduzierbar- daher sehr teuer und praktisch nicht für den Massenmarkt geeignet.
Emil Berliner, der in jungen Jahren in die USA ausgewandert war, sah dies als Manko und erkannte, nachdem er sich ausführlich mit dem Phonographen auseinandergesetzt hatte, dass zugunsten einer Massenproduktion von Schallplatten auf die Aufnahmefunktion verzichtet werden könne. Er erfand die flache, leicht-reproduzierbare Scheibe.
Die erste Schallplattenfirma wurde von Emil und seinem Bruder Joseph in Hannover gegründet. Es war die Deutsche Grammophon Gesellschaft. Dort wurden auch die ersten Schallplatten gepresst. Wollte man fortan Musik hören, so war man nicht mehr auf die Kapellen und Live-Musiker angewiesen, sondern konnte sich bequem im Wohnzimmer seine Lieblingsmusik per Schallplatte anhören. Die Musik wurde zum Massenmedium und die Musikbranche- wie wir sie heute kennen- geboren.
Überblick über den Markt
Bei der Marktform unserer heutigen Musikwirtschaft spricht man von einem Oligopol.
Sicherlich kennst Du den Begriff Monopol – das heißt, ein Unternehmen beherrscht den kompletten Markt. Das genaue Gegenteil ist das Polypol: Viele Anbieter bedienen viele Abnehmer.
Von einem Oligopol spricht man dann, wenn es wenige Anbieter für viele Abnehmer gibt. Und genau das ist in der Musikbranche der Fall. Drei große Plattenfirmen bedienen etwa 80% des Marktspektrums. Und hunderte kleine -sogenannte- Independent Plattenfirmen kümmern sich um 20% des Marktes. Man bezeichnet sie als „independent“ also „unabhängig“. Dies hat den Grund, dass Independent-Label eben von den Entscheidungen der großen Plattenfirmen unabhängig sind.
Zu den Großen zählen:
- Universal Music Group
Hierzu gehören: MCA Records, Motown, Geffen, Lost Highway, Polydor, Island Records, Def Jam, X-Cell Records, Interscope Records, Blue Note, Capitol, Charisma, Chrysalis, Odeon, Parlophone, HMV, Virgin - Warner Music Group
Hierzu gehören: Atlantic, Rhino, Elektra, Sire, Reprise, WEA, Roadrunner - Sony Music Entertainment
Hierzu gehören: Sony Music, Columbia, Epic, CBS, Arista Records, RCA Four Music - Bekannte Independent Labels sind in Deutschland zum Beispiel:
Buback (Beginner, Samy Deluxe, Jan Delay) oder
Nuclear Blast (Manowar, Clawfinger, Subway To Sally).
Die großen Plattenfirmen beherrschen den Markt. Im Fachjargon nennt man sie „Majors“ oder „Major-Labels“ – was übersetzt nichts anderes als „Hauptmarken“ heißt und darauf anspielt, dass sie den Markt dominieren.
Ihr primäres Ziel ist es, Geld zu verdienen – und nicht etwa Künstler, Musik oder Kultur zu fördern, wie es vielleicht das Ziel des ein oder anderen idealistischen Independent Labels ist. Die Majors konzentrieren sich daher in aller Regel auf den Markt des breiten Massengeschmacks: Den sogenannten Mainstream-Markt.
Trends im Musikmarkt erkennen
Eine wichtige Aufgabe von Plattenfirmen ist die Trenderkennung. Auch wenn man es sich nur schwer vorstellen kann, so ist Musik in den allermeisten Fällen ein vergängliches Produkt und verfügt praktisch über ein „Haltbarkeitsdatum“. Natürlich nicht im physischen Sinn, wohl aber im Trendbereich. Mit Songs aus den 1980ern würde man heute aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr punkten können, da sich die Wünsche, Bedürfnisse und der Musikgeschmack- also der Trend- der potenziellen Käufer weiterbewegt haben.
Wir sehen also, was für eine wichtige Aufgabe es ist, Trends zu erkennen und darauf zu reagieren. Besonders erfolgreich sind häufig Bands, die Trends nicht hinterherlaufen, sondern neue Trends schaffen (oder zumindest ganz vorne dabei sind und stilprägend werden oder sind). Da dieses Unterfangen sich ohne entsprechende Medienaufmerksamkeit allerdings meist schwer gestaltet, reicht es oft schon aus, die neusten Trends anhand der Charts zu erkennen und ein ähnliches/ besseres Produkt aufzubauen. Ein oft gemachter Fehler ist es dabei übrigens, Plagiate aufzubauen. Eine Plattenfirma hat einen Künstler unter Vertrag der genau wie Justin Timberlake klingt? Großartig! Aber warum sollte jemand seine 99 Cent für das Lied dieser Kopie ausgeben, wenn er zum gleichen Preis auch das „Original“ haben kann?
Neue Produkte finden
Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Sichtung von vielversprechenden Künstlern. Jeder, der eine eigene Plattenfirma führt oder in diesem Bereich gearbeitet hat, wird vermutlich wissen, welche Qualität die Demos teilweise haben, die einen da erreichen.
Praxistipp: Wenn Du noch keine Erfahrung mit dem Demo hören gemacht hast, probier’s ruhig mal aus: Einfach auf ein Portal von Hobbymusikern gehen und dann 50-100 Songs anhören mit dem Ziel, einen zu finden, der es wert wäre, Dein Geld zu investieren. Und dann stell die Stoppuhr neben den Computer und teste, wie lange es dauern wird, bis Du von 30-sekündigen Intros genervt bist und Songs nach 3 Sekunden bis zum ersten Viertel spulst, um sie zu verwerfen, falls sie Dich nicht innerhalb kürzester Zeit mehr als überzeugen konnten.
Versuche auch auf jeden Fall zwischen Künstler und Song zu unterscheiden. Es gibt glänzende Sängerinnen und Sänger, die gleichzeitig aber ganz miese Songwriter sind (oder haben) und andererseits natürlich auch großartige Songwriter, die ekelerregend krächzen. Als Plattenfirma sind wir an guten Songs und guten Künstlern interessiert – wenn es beides in einem gibt, umso besser.
Was ist aber ein guter Künstler? Schauen wir uns das mal aus unternehmerischer Sicht an. Eine Plattenfirma möchte ein Produkt schaffen, für das Leute bereit sind, Geld auszugeben. Und ein zufriedener Käufer ist ein Käufer, der für sein Geld mehr (empfundenen) Wert erhalten hat als das Geld sonst für ihn Wert wäre.
Der Künstler aus unternehmerischer Sicht
Wenn wir als Plattenfirma also einen guten Künstler suchen, müssen wir uns überlegen, ob wir bereit sind, in den Künstler zu investieren und ob durch die Musik, die wir dann vermarkten werden, ein Mehrwert für einen potenziellen Käufer entsteht.
Also ob das, was wir herstellen, bewerben und verkaufen möchten, mehr Wert hat, als das Geld, das der Käufer in harter Arbeit verdient hat. Wir dürfen nie vergessen: Wir konkurrieren mit Fastfood, Discounter- und Supermarktangeboten, Automobilen, Handy-Apps, Teleshopping, Disco, Kino, DVD, Videothek, Kneipe und so weiter…
Für uns als Plattenfirma ist es besonders wichtig, zu überdenken ob sich die Investition in den Künstler für unser Unternehmen am Ende des Tages rechnet. Wenn wir davon überzeugt sind, dass ein Künstler Potential hat, erfordert es manchmal jahrelange Arbeit bis wir den erhofften Durchbruch feiern können. Natürlich können wir sofort anfangen Geld einzunehmen. Aber die Kosten sind oft genauso hoch und um wirkliche Erfolge einzufahren, ist es unabdingbar, dass wir auch entsprechende Aufbauarbeit leisten. Es geht eben nirgendwo ohne Arbeit.
Vertragsformen
In der Welt der Plattenfirmen unterscheiden wir vor allem zwischen dem Bandübernahme-Vertrag und dem Künstlervertrag.
Zugegeben: Der Name „Band„übernahme-Vertrag ist etwas verwirrend, weil es sich beim Band tatsächlich um das Band (Tonband) handelt. Dieser Ausdruck stammt noch aus den Zeiten, in denen Magnetbänder in den Tonstudios dominierten. Heutzutage könnte man den Vertrag problemlos in Masterspurübernahmevertrag umbenennen. Andererseits heißen die Plattenfirmen ja auch noch Plattenfirmen und nicht etwa CD- oder MP3-Firmen.
Unterschied zwischen den beiden Verträgen
Wo liegt also der Unterschied zwischen den beiden? Ist eigentlich ganz einfach: Beim Künstlervertrag übernimmt die Plattenfirma eine Musikgruppe oder einen Musiker und organisiert alles Weitere. Das heißt: Es werden geeignete Musikproduzenten ausgewählt, das Tonstudio, Studiomusiker, Mix und Mastering bezahlt und dafür Sorge getragen, dass alles so ist, wie es sein soll. Dieser Aufwand kostet die Plattenfirma Geld und damit sinkt der Einnahmeanteil, den der Künstler am Ende von den Plattenverkäufen hat.
Beim Bandübernahmevertrag übernimmt die Plattenfirma hingegen eine bereits fertig produzierte Tonaufnahme. Das heißt: Sie hat ein fertiges Produkt, das so wie es ist, praktisch sofort ans Presswerk gehen kann. Die Plattenfirma muss es nur noch vermarkten und spart sich daher die Kosten und das Risiko für Organisation und die Produktion der Musik. Dadurch erhält der Künstler am Ende von den Plattenverkäufen einen viel höheren Anteil.
Man kann also grundsätzlich sagen, dass der Bandübernahme-Vertrag mit einem Musikproduzenten abgeschlossen wird- da der Musikproduzent ja die Rechte an den Aufnahmen besitzt. „Musikproduzent“ kann in diesem Fall natürlich auch die Musikgruppe oder der Musiker sein, der einen Tontechniker und ein Tonstudio gebucht hat und dort die Musikaufnahmen bezahlt und natürlich auch künstlerisch steuert. Oder eben natürlich der Musiker mit dem eigenen Home-Studio. Er ist dann also Musiker und Musikproduzent in einer Person.
Ein Bandübernahmevertrag kommt daher meist bei solchen Künstlern zur Anwendung, bei denen die Plattenfirma schon davon ausgehen kann, dass sie ein ordentliches und verkaufsfähiges Produkt übernehmen kann. Also immer dann, wenn die Demoaufnahmen schon in vermarktbarer Qualität sind oder es sich um Stars handelt, bei denen von einer professionellen Umsetzung ausgegangen werden kann.
Einseitiges Optionsrecht
Die Plattenfirma lässt sich übrigens in den Verträgen praktisch immer ein sogenanntes „einseitiges Optionsrecht“ einbauen. Das heißt: Sie hat nach der Vermarktung die Möglichkeit (Option) den Vertrag mit dem Künstler zu verlängern. Der Künstler hingegen nicht (daher „einseitig“). So stellt die Plattenfirma sicher, dass sie im Erfolgsfall weiter die Möglichkeit zur Vermarktung des Künstlers besitzt.
Nach der Musikaufnahme/ Bandübernahme
Die Plattenfirma hat sich also entschieden in eine Musikaufnahme zu investieren. Sie muss nun gemeinsam mit dem Künstler ein marktfähiges Produkt herstellen.
Dazu gehört die Überlegung: Welche Songs werden überhaupt auf den Markt gebracht? Und wo und mit welchem Musikproduzenten werden sie produziert?
Hinzu gesellt sich dann die Vermarktung. Das bedeutet: Wie will die Band sich präsentieren? Was ist ihr Stil und ihr Image? Welche Zielgruppen will sie ansprechen? Wie kann man diese Zielgruppen erreichen?
Wie wird die CD und CD-Verpackung rein optisch aussehen? Was kommt ins Booklet? Wer wird mit dem Design und Artwork beauftragt? Geht man überhaupt noch den Weg über eine CD? Oder verzichtet man lieber direkt darauf und speist seine Musik in digitale Musikkanäle ein?
Anschließend wird eine Website aufgesetzt und eine Pressemappe fertig gemacht. Schließlich will man den Künstler oder die Band ja auch den Medien vorstellen.
Auf der technischen Seite, müssen nun die entsprechenden Codes und Genehmigungen beantragt und eingeholt werden. Die CD wird dann zur Herstellung an ein Presswerk gegeben und dann in den Handel eingespeist. Gleichzeitig wird ein digitales Produkt erstellt und über die digitalen Kanäle in den Handel eingespeist.
Marketing und Promotion
Und dann muss man ordentlich die Werbetrommel rühren. Das heißt: Idealerweise hat man schon rechtzeitig vor der Veröffentlichung damit begonnen. Man hat Radiostationen mit der CD bemustert; ihnen also eine Aufnahme der CD zugänglich gemacht und die Medien über den neuen Stern am Pop-Himmel informiert. Mit ein wenig Geschick und guten Kontakten konnte man den Künstler auch ins Fernsehen und spezielle nischenorientierte Sendungen bringen und Zeitschriften für ihn interessieren.
Kleinere und Independent-Label setzen vielleicht eher auf Guerilla-Marketing und ziehen durch kleine