Wie finde ich eine gute Melodie für meine Songs?

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Lerne hier:
– Wie Du mithilfe unterschiedlicher Methoden eine Melodie erzeugst
– Was Melodie-Konturen sind
– Wie Du eine Melodie auf Basis einer Akkordabfolge erstellen kannst

Elemente einer Melodie

Betrachten wir zunächst, woraus eine Melodie eigentlich besteht. Eine Melodie ist eine Abfolge von Tönen, die sich in ihrer Höhe und dem Rhythmus unterscheiden können. Der Melodieverlauf kann entweder in Schritten (kleinen Sekunden) oder in Sprüngen (jedes andere Intervall) erfolgen. Sie kann sich nach oben oder nach unten bewegen. Und sie kann auf der gleichen Höhe bleiben.

Basierend auf der harmonischen Grundlage existieren in einer Melodie stabilere und instabilere Töne. Instabilere Töne neigen dazu sich in stabile Töne aufzulösen. Es ist also das altbekannte Spiel von der Erwartungshaltung des Hörers. Und damit das zwischen Spannung und Entspannung.



Der Charakter einer Melodie kommt vor allem zu Stande durch:

  • die rhythmische Struktur
  • die Kontur der Melodie
  • die tonalen Bestandteile
  • die Intervallbestandteile
  • das Zusammenspiel mit den Harmonien
  • die Interpretation (des Sängers/ der Sängerin)

Melodien sind meistens zusammengesetzt aus mehreren kurzen Phrasen. Diese Phrasen sind kurze Melodien, die meistens mehrfach hintereinander verwendet und nur ein wenig variiert werden.

Beispiel: Aus dieser Phrase:

wird eine Melodie:

In diesem Fall dadurch, dass die Phrase zunächst um das Ende beschnitten wird, das dann vollständig abläuft, gefolgt vom Ende (das diesmal um den Anfang der Phrase beschnitten ist) und dann ein Ende, das die Phrase in gewissem Maße (aber nicht exakt) rückwärts ablaufen lässt.

Singbarkeit

Im modernen Songwriting müssen Melodien leicht singbar sein. Dies einerseits weil Popsänger nicht immer in erster Linie ausgebildete Sänger sind, sondern ihr Klangcharakter, Wiedererkennbarkeit und auch Vermarktbarkeit oftmals entscheidender sind. Und andererseits weil ja auch das Publikum die Melodie leicht im Kopf behalten soll. Zudem kann man nur dann, wenn man die Melodie selbst singt, hören, wie die Melodie gesungen klingt und wie die Lyrics zur Melodie passen. Ein Songwriter sollte die Melodie daher immer singen (auch wenn er vielleicht für die Komposition sein Instrument verwendet).

Zu beachten ist hierbei, dass große Intervallsprünge schwer singbar sind. Je größer der Intervallsprung, desto schwerer ist er zu singen. Außerdem muss beachtet werden, dass der Sänger ausreichend Zeit zum Atmen haben muss. Kommen folglich keine Pausen in einer längeren Phrase vor, so ist die Melodie mit hoher Wahrscheinlichkeit schwer oder nicht singbar. Als dritter und letzter beachtenswerter Punkt, ist zu beachten, wie hoch der melodische Umfang einer Phrase ist. Popsänger sind eben keine Opernsänger. Im Allgemeinen geht man von folgendem, maximalen Tonumfang für Sängerinnen und Sänger aus.

Singbarkeit von Melodien

Instabile Noten und ihre Auflösung

Vielleicht kennst du bereits die Obertonreihe. Sie ist die Tonreihe, die beim Anspielen eines einzelnen Tons im Hintergrund, kaum hörbar, immer mitklingt. Man kann sie also als die „natürliche Tonleiter“ klassifizieren. Wenn wir dazu nun die Dur-Tonleiter in Relation setzen, ist es leicht verständlich, warum wir manche Töne als eher dissonant und andere als eher konsonant wahrnehmen:

Obertöne

Es ergeben sich daraus also folgende Zusammenhänge:

Stabile und instabile Noten

Bis auf die große Septime, die dazu tendiert, sich nach oben hin aufzulösen, neigen alle anderen instabilen Töne dazu, sich nach unten aufzulösen:

Auflösungen

Chromatische Töne neigen grundsätzlich dazu, sich zum nächsten tonleitereigenen Ton hin aufzulösen.

Selbstverständlich handelt es sich hier nicht um eine allgemein gültige Regel, sondern um eine Regel die gebrochen werden kann und soll.

Durch die Verwendung von stabilen und instabilen Noten, können wir harmonische Spannung aufbauen, beibehalten und auflösen. Nehmen wir also die Tonfolge: C, D, C.

Tonbeispiele

So bewegen wir uns von einem stabilen Ton zu einem instabilen Ton und zurück zu einem stabilen Ton. Entspannung -> Spannung -> Entspannung. Wir haben Spannung aufgebaut und Spannung aufgelöst.

Nun lässt sich allerdings auch die Spannung beibehalten bzw. sogar weiter ausbauen. Dies erfolgt dadurch, dass von einem instabilen Ton zum nächsten gesprungen wird. Mit jedem dieser Sprünge erhöht sich die Spannung. Das Ohr wird nicht befriedigt. Die Erwartung in Richtung Auflösung/ Entspannung erhöht sich. Ob wir diese befriedigen oder nicht, liegt an uns. Nehmen wir folgendes Beispiel: C, D, F, A, H, G.

Spannung in Melodien

Diesmal sind wir auf einem stabilen Ton gestartet und ließen diesem vier instabile Töne folgen, bevor mit dem „G“ die Auflösung kam.

Melodien bilden sich normalerweise auf Basis von Phrasen. Das heißt melodische Phrasen, die aus mehreren Takten bestehen wechseln sich untereinander ab. Eine solche Phrase kann entweder auf einem instabilen oder einem stabilen Ton enden. Instabile Töne als Ende befriedigen diese Erwartung des Hörers nicht und bauen zum Ende einer solchen Phrase Spannung auf. Dies kann einerseits erwünscht sein – zum Beispiel immer dann, wenn man die Spannung über mehrere Phrasen hinweg auf- und ausbauen möchte. Es kann auf der anderen Seite aber auch störend sein, wenn man eine Phrase als Ende definiert und diese dann auf einem instabilen Ton aufhört.

Hier ein Beispiel für ein Ende auf einem stabilen Ton:

Hier das gleiche Beispiel. Diesmal endet es aber auf einem instabilen Ton. Merkst du, wie das Ohr noch etwas erwartet?

Rhythmus in der Melodie

Melodien befinden sich in aller Regel im Kontext eines Rhythmus. In diesem Artikel gehen wir auf das Konzept des Rhythmus genauer ein: Der Groove im Song. Im Augenblick halten wir einmal fest, dass es in einen Takt betonte (besonders wichtige) und unbetonte Bereiche gibt.

In einem 4/4 Takt sind die besonders betonten Bereiche die erste und die dritte Zählzeit. Immer noch betont aber nicht so wichtig sind die zweite und die vierte Zählzeit. Alles was dazwischen passiert, ist eher unwichtig.

In einem 3/4 Takt ist der besonders betonte Bereich die erste Zählzeit; und immer noch betont aber nicht so wichtig die zweite und dritte Zählzeit.

Auf diesen betonten Noten befinden sich die wichtigsten Wegmarken einer Melodie. Man kann also an diesen Wegmarken strategisch wichtige Noten platzieren und die Melodie sich in den Zwischenräumen von Wegmarken zu Wegmarke fortbewegen. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn wir die Melodie auf Basis von bereits existierenden Harmonien erstellen wollen. Die Noten, die sich an diesen strategischen Wegepunkten befinden geben uns ein gutes Indiz über die generelle Kontur eine Melodie.

Melodische Konturen

Es gibt von den melodischen Konturen fünf Stück.

Aufsteigend

Aufsteigende Kontur

Absteigend

Absteigende Kontur

Bogen

Bogen

Umgekehrter Bogen

melodiebogen

Gleichbleibend

Gleichbleibend

Man sollte bei der Komposition seiner einzelnen Phrasen darauf achten, dass nicht alle die gleiche melodische Kontur inne haben. Dies könnte auf den Hörer einen monotonen, langweiligen Eindruck machen.

Melodie auf Basis bestehender Harmonien

Bestehen bereits Harmonien, so sollten sich die Töne unserer Phrasen an das harmonische Grundgerüst halten.

Die Grundtöne eines Akkords bilden zum Beispiel bei der Harmoniefolge: C – G – Am – F:

Grundtöne

Nehmen wir nun diese Grundtöne und „füllen“ damit das Notensystem auf, so haben wir einen Anhaltspunkt darauf, zu welchen Noten sich die Melodie entwickeln sollte, um mit dem jeweils neuen Akkord zu harmonieren. Für C-Dur notieren wir also beispielsweise C, E, G in allen Lagen, für G-Dur die Töne: G, H, D. Und so weiter.

In diesem Schaubild siehst Du jeweils die Akkordtöne in grün und die Zwischentöne in rot eingezeichnet. Mal unabhängig von der Rhythmik könnte das bereits zu einer passenden Melodie führen.

melodietöne

Balance

Im Artikel über Prosodie werden wir noch näher darauf eingehen, warum Songformen, melodische Phrasen und dergleichen nicht immer ausbalanciert sein sollten.

Neue Songwriter oder solche die sich nicht eingehend mit dem Handwerk dieser Kunst beschäftigen, tendieren dazu ihre Songs immer ausbalanciert anzulegen. Hört man aber einmal genauer hin, so sind viele der sehr erfolgreichen Songs nicht ausbalanciert. Im Bereich der Melodie können wir die Balance eines Songs durch folgende Faktoren beeinflussen:

  • Anzahl der Phrasen
  • Rhythmus der Phrasen
  • Reihenfolge der Phrasen
  • Länge der einzelnen Phrasen
  • Melodieverlauf

Als Faustregel gilt: je ausgewogener, ausgeglichener und gerader all diese Faktoren gestaltet sind, desto ausbalancierter ist der Song. Verändern wir nun jedoch diese Faktoren in Richtung einer Unausgewogenheit, Unausgeglichenheit – in ungerade Anzahl, Länge und Form, so beginnt das Lied weniger ausbalanciert zu sein.

Benutzen wir also beispielsweise eine gerade Anzahl an Phrasen, so erhalten wir einen ausbalancierten Teil. Verändern wir jedoch die Länge einer einzigen Phrase (also beispielsweise zwei Phrasen zu jeweils zwei Takten und zwei Phrasen zu jeweils 3 Takten), so wird dieser Melodieteil bereits weniger ausbalanciert. Noch weniger ausbalanciert wird er, wenn die Anzahl an Phrasen ungerade ist.

Wie wir noch in der Lehreinheit „Prosodie“ feststellen werden, bietet sich für Songs mit eher weniger ausbalancierten Grundkonzept auch die Verwendung von weniger ausbalancierten Komponenten (wie Melodie, Rhythmus, Songform, etc.) an.

Abschließend

Eine Melodie ist also das Zusammenspiel aus Spannung und Entspannung, die sich aus der Obertonreihe ergibt. Und das Zusammenspiel aus Variation, Repitition und abwechselnden melodischen Konturen.